Denn Gedanken färben unsere Seele
„Politische Korrektheit“ kommt immer weiter aus der Mode. „Man muss doch sagen dürfen, wie es ist!“, wird da argumentiert. Gesagt wird dann „Lügenpresse“, „alternativlos“ und „Impf-Diktatur“. Doch alle diese Worte sind nicht nur inkorrekt, sondern sie lösen auch Gedanken und Gefühle aus, die ängstlich und unsicher machen. Dabei wusste Marc Aurel schon vor 2000 Jahren, was heute neurowissenschaftlich erwiesen ist: „Auf die Dauer nimmt die Seele die Farbe deiner Gedanken an.“
Wünschen wir uns also einen frischeren Anstrich der Seele, eine sonnigere Farbe voll Zuversicht, so beginnen wir mit dem Streichen am besten bei den Gedanken beziehungsweise bei den Wörtern, die wir diesen Gedanken geben. Es gibt viele Störwörter, die gestrichen gehören – anmaßende Wörter wie alles oder nichts, immer und nie, abwertende Wörter wie böse, schlecht und dumm sowie feindliche Wörter wie Hass, Gier, Neid, Gegner, Kampf etc. – ersatzlos streichbar.
Aber auch bei den unauffälligen Alltagsworten gibt es Unterschiede, und es lohnt sich, ihnen Aufmerksamkeit zu schenken. Holger Thiesen, Spiele-Erfinder und Coach, rät, daraus ein Spiel zu machen. Im ersten Schritt identifiziert jeder für sich Störwörter, die sich nicht gut anfühlen, die sinnfrei sind (egal z.B.) oder die Oberflächlichkeit erzeugen (man, allgemein…). Dann werden Mitspieler animiert, eine ähnliche Liste mit Störwörtern anzulegen. Und schließlich sucht sich jeder ein, zwei Wörter aus, mit denen er das Spiel beginnt: Mit Humor, Geduld und Gelassenheit versuchen die Spieler nun, weder die eigenen Störwörter, noch die der anderen zu verwenden. Wer eins dieser Störwörter hört, bekommt einen Plus-Punkt.
Die erste Wirkung ist ein feineres Gespür für sich selbst: Was sage ich denn da? Wie fühlt sich das an, und was denke ich, wenn ich so etwas sage? Ich will nicht alles glauben, was ich denke! Die zweite Wirkung ist ein Aufmerksamkeitsgewinn für meine Mitspieler: Ich nehme wahr, welche Wörter sie stören und übe, sie durch angenehmere Wörter zu ersetzen.
Wollen ist angenehmer als Müssen
Häufig sprechen wir in einer Sprache des Mangels und der Verantwortungslosigkeit. Müssen beispielsweise verschleiert die Selbstbestimmtheit des Menschen und seine Wahlfreiheit. „Kein Mensch muss müssen“, sagte schon Lessing, und es lässt sich leicht durch wollen ersetzen. Das drückende Problem wird luftiger, wenn ich es als Aufgabe sehe, die Schuld leichter, wenn ich sie wertfrei als Ursache nehme, die Veränderung zulässt. Ich suche weniger gerne als ich finde, und da schon biblisch „geben seliger denn nehmen“ ist, gebe ich mir und anderen Zeit, ich nehme sie mir nicht. Viele Menschen haben auch ein Problem mit dem Glauben: „glauben“ bedeutet „für wahr halten“, und darin steckt bereits der Zweifel verborgen. Probieren Sie stattdessen den Satz „Ich traue dir“ aus – wie färbt der Ihre Seele ein? Möglicherweise trauen Sie auch Gott, anstatt an ihn zu glauben, und fühlen sich gut dabei.
Dem Satz von oben, „Man muss doch sagen dürfen, wie es ist!“, lässt sich, um Stör-Wörter erleichtert, auch seine trotzige Hilflosigkeit und sein Zorn nehmen: Man befreie ich von seiner Beliebigkeit, ein starkes Ich scheint mir hier angebracht. Aus müssen wird ein selbstbestimmtes Wollen, aus dürfen ein aktives, unabhängiges Können oder Wünschen. Das „ist so!“, um seine Rechthaberei erleichtert, drückt eine persönliche Ansicht aus. „Ich wünsche mir zu sagen, was ich meine“, so klingt der Satz jetzt und fühlt sich schon viel besser an für mich: Es steckt Eigenverantwortung, Veränderungsbereitschaft, Mut und Zuversicht darin.