Ohne Trennung und Tod kein Leben
Ostern als Lebenserfahrung: Um ein genesungsförderndes „Göckslein“ herzustellen, muss man zunächst ein Ei aufschlagen und es trennen. Das Eiweiß wird zu steifem Schnee geschlagen, Eigelb und Zucker gut gemischt. Dann hebt man die eine Masse unter die andere. Fertig ist der ganz besondere Leckerbissen, den nur kranke Kinder bekommen! Ohne Trennung, ohne Schläge, keine Wandlung.
Um den schönen Quilt aus alten Schlipsen zu nähen, der mein Bett ziert, mussten Stoffe zerschnitten und Schlipse aufgetrennt werden. Nie wieder werden diese Schlipse um den Hals gebunden, nie wieder zum Anzug getragen werden. Der helle Stoff war vielleicht mal eine Tischdecke oder ein Bettbezug – nie wieder! Ohne beherzten Schnitt und ohne Trennung keine neue Form, keine Kunst, keine Schönheit.
Um Puzzle zu spielen, muss man sein Bild vorher in Stücke zerlegen und die Teile gut mischen. Dann kann man die Einzelteile mit Spaß, Grips und Geduld wieder zusammenfügen. Ohne Trennung kein Spiel.
Erde zu Erde, Staub zu Staub: Ohne Trennung und Tod kein Leben!
Ostern ist nicht nur ein christliches Fest, es ist eine Lebenserfahrung. Für alles, was neu beginnen soll, muss etwas anderes enden. Zupacken kann nur, wer eine Hand frei hat.
Wo sind deine österlichen Ereignisse?
Es lohnt sich ein biografischer Blick auf Ostern als Lebenserfahrung: Zwischen den beiden gegensätzlich geladenen Polen Geburt und Tod liegt das Spannungsfeld des Lebens, aus dem sich alle Energie speist. Wo gab es österliche Ereignisse? Wann hast Du Ideen begraben, Träume platzen lassen, Dich von Überkommenem getrennt, um Neuem eine Chance zu geben? Wo hast Du Tode und Trennungen erlitten und kleine Auferstehungen erlebt?
„Wachstumsschmerzen“ hat man nicht nur in den Knochen, sondern im übertragenen Sinne bei jeder Weiterentwicklung. Niemand verlässt gerne seine vertraute „Komfortzone“. Aber die Evolution macht vor niemandem Halt. Es gibt Momente, in denen der Anpassungsdruck so groß ist, dass man sich verändern muss, um zu „überleben“ bzw. sinnvoll weiterzukommen – auch darin steckt Österliches. Gewohnheiten müssen gebrochen, Routinen verlassen werden, um sich dem unbekannten Neuen zu stellen, das man eigentlich scheut. Ein Beispiel dafür ist die technische Entwicklung: Der Umgang mit Computer, Smartphone, e-Banking und Online-Handel. Hast Du Dich rechtzeitig der Entwicklung gestellt oder kämpfst Du immer noch ums „Überleben“, froh, im Notfall einen Enkel zur Hand zu haben, der helfen kann?
Die Auferstehung ist wesentlich populärer als der Tod. Deshalb neigen wir dazu, immer mehr Neues zu beginnen, ohne das Alte abzuschließen. Neues zu kaufen, ohne Altes auszusortieren. Neue Termine anzunehmen, ohne alte abzusagen und schließlich den Überblick zu verlieren. Dann wird es Zeit für ein persönliches Ostern als Neuausrichtung: Was von dem Vielen, was unerledigt blieb, will ich auferstehen lassen? Und was will ich dafür sterben lassen, ohne es weiter mitzuschleppen? Ohne Trennung kein Leben.
Weitere biografischen Impulse finden Sie in meinem Blog.