Immer mehr Menschen schreiben ihre Autobiografie oder filmen und posten ihre Lebensgeschichte. Wenn Sie diesen Trend verstehen wollen oder überlegen, ob auch Sie sich an Ihrer Autobiografie versuchen sollten: Hier sind zehn gute Gründe dafür, eine Biografie zu schreiben.
1) Menschen brauchen bekanntlich Wurzeln und Flügel; das Schreiben der eigenen Autobiografie stärkt die Verwurzelung und ist bester Dünger für die Flügel!
2) Leben festhalten, bevor man es loslassen muss: Ihre Autobiografie bleibt, auch wenn Sie gehen.
3) Spurensuche: Was hat Sie zu der Person gemacht, die Sie heute sind? Was hat Sie geprägt, auch über Generationen, bis ins biblische „dritte und vierte Glied“? Was lässt sich noch über die Vorfahren sagen? Tragen Sie möglichst viele Spuren zusammen und entdecken Sie dabei manches, was auch Sie noch beeinflusst hat.
4) Autobiografisches Schreiben kann die eigene Wahrnehmung erweitern: Das Verknüpfen individueller Erfahrungen mit gesellschaftlichen Zusammenhängen deckt Prägungen auf und erleichtert Perspektivwechsel. Sie gewinnen ein Gefühl dafür, warum Sie manches so sehen und warum man es mit anderen Erfahrungen auch anders sehen kann.
5) Autobiografisches Schreiben stärkt das Kohärenz-Gefühl: In der Re-Konstruktion Ihrer Lebensgeschichte entdecken Sie auch in wechselvollen Lebensverläufen rote Fäden, schlüssige Entwicklungen und Zusammenhänge.
6) Vermächtnis: Geben Sie weiter, was das Leben Sie gelehrt hat.
7) Vergangenheitsbewältigung: Schreiben Sie Erlebtes auf, um es aus dem Kopf zu bekommen. Betrachten Sie Schmerzhaftes aus zeitlichem Abstand heraus in größerem Zusammenhang. Wie haben Sie diese Zeiten überwunden? Was hat Ihnen geholfen? Was hat sich seither verändert? Erinnerung an eigene Stärken, Kompetenzen, an erfolgreiche Bewältigung bei anderer Gelegenheit hilft, neue Herausforderungen zu bestehen.
8) Zeitzeugentum: Sie haben noch die Kriegs- und Nachkriegszeit, die DDR, die Mauer, die Wiedervereinigung, die Zeit ohne Mobilfunk und Internet erlebt? Bewahren Sie diese Erinnerungen an Zeiten und Umstände, die heute kaum noch vorstellbar sind, auf – für die Familie und das kollektive Gedächtnis. Geben Sie der Geschichte ein persönliches Gesicht.
9) Begleitung bei Umbruch und Wandel: Erinnerungen tragen zur Selbstvergewisserung bei und geben Orientierung. Wo stehe ich jetzt, wie bin ich hierher gelangt und wo möchte ich zukünftig hin? Autobiografisches Schreiben ist nicht nur rückwärts gewandt, sondern wirkt auch auf Gegenwart und Zukunft.
10) Selbsterkenntnis/Selbsterfahrung: „Ich weiß nur, dass man, wenn man Wort für Wort, Satz für Satz über die Welt schreibt, in der man sich befindet, eine Ahnung von sich selbst bekommt.“ (Doris Dörrie, „Leben, Schreiben, Atmen“, Diogenes 2019)
Erfahrungen bilden Schichten, die sich beeinflussen: Ich kann meine heutigen Erfahrungen nur auf dem Hintergrund früherer Erfahrungen machen. Diese strukturieren meine Wahrnehmung, leiten meine Aufmerksamkeit, bilden den Interpretationsrahmen, innerhalb dessen ich neue Erfahrungen bewerte.
Aus Erfahrungen – ob bewusst oder unbewusst – steuern sich meine Handlungsentwürfe und Konfliktlösungsmuster. Autobiografisches Schreiben hilft mir, diesen Erfahrungen auf die Spur zu kommen. (Nach „Auf meinen Spuren“ von H. Gudjons, M. Pieper, B. Wagener)
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